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Allein sein ist scheiße. Nein, das stimmt so nicht. Nicht immer. Manchmal mag ich allein zu sein sehr. Ein gewisses Maß an Alleinsein brauche ich sogar. Aber oft ist es schwierig, für mich.
Dann wenn der Kopf zu laut denkt.
Dann wenn das Herz zu laut sehnt.

Dann wenn der Körper zu laut verlangt.
Was passiert eigentlich davor – bevor ich mich allein fühle, wie passiert das? Mir geht es gut, ich mache irgendwas, dann plötzlich – komische Gedanken, Gefühle, Zweifel. Ich denke Zweifel ist etwas unglaublich Starkes und Unterschätztes. Das klingt so „nett" - Zweifel. Aber es reicht ein kleiner Zweifel, um ganze Mauern einstürzen zu lassen. Im Zweifel für den Angeklagten. In einem Moment ist alles gut und dann plötzlich schleicht sich ein kleiner Gedanke, ein Gefühl ein. Zuerst kaum wahrnehmbar, wird er lauter, wie Schritte die näher zu kommen scheinen. Und plötzlich hat sich deine Stimmung gedreht.

  • Was habe ich heute überhaupt sinnvolles getan?
  • Bin ich froh und glücklich, da wo ich jetzt bin?
  • Ist es das was ich will?
  • Habe ich die richtigen Entscheidungen getroffen?
  • Hätte ich nicht doch an dieser oder jener Beziehung mehr arbeiten sollen, dieses oder jenes tun sollen?
  • Was habe ich schon erreicht in meinem Leben?
  • Liebt mich mein Partner wirklich?
  • Bin ich ein guter Vater / eine gute Mutter?
  • Müsste ich im Job nicht schon weiter sein?


Aus Fragen werden oft fertige Sätze:

  • Ich war noch nie sonderlich kreativ.
  • Ich bin einfach nicht so einfühlsam.
  • Ich bin beziehungsunfähig. Ich brauch keine Beziehung.
  • Ich kann das nun mal nicht.
  • Ich hatte als Kind auch keine sonderlich liebevolle Beziehung zu meinen Eltern.

Sätze, die sich schneller als man manchmal denkt, in Glaubenssätze verwandeln – in Dinge, die wir so hin nehmen. Tief in uns drinnen. Dieses auf zu arbeiten und auf zu lösen – ist eine andere Geschichte – auch hier gibt es viele Wege. Mir geht es momentan um das Entstehen.
Die aktuelle Zeit ist laut und leise zugleich. Und dann, wenn es leise ist, kommen Zweifel schnell angeschlichen. Ich denke jeder von uns kennt sie. Und jeder von uns geht auf die eine oder andere Weise damit um. Und ich glaube es gibt keinen richtigen oder falschen Weg das zu tun. Jeder Weg führt einfach zu anderen Ergebnissen. Mir passiert es, dass ich dann plötzlich mal traurig werde und manchmal bin ich in dem Strudel drin, bevor mir klar ist, wo der Zweifel vorher war. Jedoch gelingt es mir immer schneller und besser das abzufedern und zumindest immer öfter, es zu erkennen. Dass das nicht ich bin.
Natürlich kann man sich Diva-like in einen Strudel von Selbstmitleid ziehen lassen – manchmal tut es auch gut sich selbst leid zu tun oder nicht....?
Ich dachte ich gebe hier einfach ein paar Tipps und Hinweise, was ich so tun kann bzw. tue, wenn ich in Zweifel gerate – wenn dieses kleine Biest sich auf leisen Sohlen anschleicht und mich zuerst wie ein lieber Mensch von hinten umarmt, um mich dann eiskalt zu erwischen....

Atmen
– zuerst Atmen. Atmen und das Gefühl dazu wahr nehmen. Es ist da. Nicht wegschieben. Atmen. Ein paar mal.

Benenne es – sag dir selbst wie es dir gerade geht, welche Gedanken oder Gefühle da sind. Wertfrei. Einfach benennen. Sprich es aus – gib ihm Raum, dann hat es dich nicht mehr leise im Griff.

Ausdruck – wenn dir danach ist, gib ihm Ausdruck. Du bist wütend? Dann schrei (ok, in der Wohnung vielleicht in einen Polster). Du bist traurig? Weine. Es ist nicht so wild? Umso besser, dann reicht es meist schon, es zu benennen.

Triff eine Entscheidung
– wie es jetzt gerade weitergehen soll. Das kann auch die Entscheidung sein, sich dem jetzt etwas hin zu geben. Zeit und Raum einzuräumen. Einfach mal traurig, wütend, enttäuscht etc. zu sein. Triff die Entscheidung aus dem Herzen, nicht dem Kopf – denn dein Kopf wird dir vermutlich immer sagen, dass du nicht traurig, wütend, etc. sein willst und das ja nichts nützt. So ist der Kopf halt. Vernünftig. Kleiner Hinweis – ich merke es kommt vom Kopf, wenn es in ganzen Sätzen kommt, mit einer Erklärung :)

Des Strudels Ende - Ressourcen
– du hast also beschlossen, dass es dir besser gehen soll? Na dann! Her mit deinen Ressourcen - als Ressource bezeichnet man in der psychosozialen Beratung eine Quelle der Kraft, Stärke, Hoffnung – etwas, das uns gut tut. Für Jeden Menschen sind andere Dinge Ressourcen. Manchmal andere Menschen, manchmal Tiere, Stofftiere, Tätigkeiten, die Natur, schöne Erinnerungen, Zukunftspläne, ... – im Grunde kann alles eine Ressource sein. Alles, dass dir gut tut. Alles, was dich gut fühlen lässt. Also hole dir eine oder mehrere Ressourcen her. Dreh einen tollen Song auf – vielleicht „Don't worry, be happy"? Überlege dir vielleicht mal, was für Ressourcen du in deinem Leben hast? Mache eine Liste daraus. Deine Ressourcenliste! Diese Liste kannst du dann her holen, wenn dir mal nichts einfallen sollte und du kannst sie ständig erweitern! Auf meiner Liste steht z.b. ein heißes Bad, nächtliche Spaziergänge, am Wasser sitzen, Klaviermusik, Malen, in mein Tagebuch eintragen, meine beste Freundin anrufen, Gedankenreisen, uvm. (Anmerkung: manchmal braucht es einfach jemanden der zuhört. Dann ist es hilfreich sich Unterstützung zu holen. Zur aktuellen Zeit z.b. unter www.sos-corona.at)

Gedankliche Übung
- Ich sehe Nachts gerne hinauf zu den Sternen, darin könnte ich mich verlieren. Die Vorstellung, dass es unendliche viele Welten gibt, mit anderen Menschen oder Wesen, dass da unendliche Weiten und Möglichkeiten sind, zeigt mir, wie klein meine Probleme hier sind, auch wenn sie meine Zweifel manchmal aufblasen. Da ich das gerne und oft mache, reicht mir hier auch schon der Gedanke daran. Du kannst auch gedanklich auf einen Berg gehen: stell' dir vor du kletterst auf einen Berg, einen richtig hohen und du kommst oben an. Genieße zuerst dieses Gefühl. Der Berg schaut so aus, wie du ihn gerne hättest, auch das Wetter. Genieße es für einen Moment dort oben zu stehen, rieche, atme, fühle, was es zu fühlen gibt. Dann schaust du hinab ins Tal, stell dir vor dort liegt dein Haus, deine Wohnung und all die Dinge, die dich nerven – Sie sind klein, denn sie sind ganz weit weg. Sie werden verschwindend klein. Umso mehr du versuchst sie zu erkennen, umso kleiner und unbedeutender kommen sie dir vor. Das muss nicht bildlich sein – das kann auch rein durch dein Gefühl entstehen.

Sensibilisierung
– erwische den Zweifel immer schneller! Das ist wohl der wichtigste Teil an dem Ganzen. Manchmal gelingt mir das gut und manchmal weniger. Was ich jedoch festgestellt habe, umso achtsamer ich versuche zu sein, umso leichter gelingt es mir Zweifel schneller wahr zu nehmen. Man darf nie vergessen, man selbst ist Schöpfer seiner Gedanken. Wir sind aktuell in einer Zeit, die viel mit Kontrollverlust zu tun hat. Viele haben Ihre Arbeit verloren, viele wissen nicht, wie es weiter geht. Was wird sich ändern in der Welt? Die Auswirkungen werden wir wohl alle auf die eine oder andere Weise spüren. Das kann Angst machen. Vielleicht wird manchen klar, wir können viele Dinge doch nicht kontrollieren... Dinge, die uns vorher sehr wohl kontrolliert vorkamen. Ich weiß eines auf jeden Fall, die Kontrolle darüber wie ich über mich und Dinge denke, die liegt bei mir. Solltest du dir jetzt denken, das ist leicht gesagt, stimme ich dir zu. Aber: Übung macht den Meister.

Gerne kannst du mir schreiben oder Kommentare hinterlassen. Ich wünsche allen Menschen eine wundervolle Zeit und viel Liebe in ihrem Leben und hoffe der eine oder andere konnte was mitnehmen und falls es nur ein Gedankenanstoß war... Ein Gefühl ganz tief in meinem Herzen sagt mir, immer schon, dass alles gut wird. Daher schließe ich diesen Beitrag mit einem Zitat "Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende." Oscar Wilde